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Am Mahnmal neben der Hephata-Kirche legten Diakonie-Präsident Ulrich Lilie und Hephata-Vorstandssprecher bei der Gedenkveranstaltung im Rahmen des Diakonie-Jubiläums Blumen nieder.
Am Mahnmal neben der Hephata-Kirche legten Diakonie-Präsident Ulrich Lilie und Hephata-Vorstandssprecher bei der Gedenkveranstaltung im Rahmen des Diakonie-Jubiläums Blumen nieder.

Pressemitteilung -

175 Jahre Diakonie Deutschland: Erinnern an die eigene Schuldgeschichte

Gemeinsame Pressemitteilung von Diakonie Deutschland und Hephata Diakonie

Schwalmstadt-Treysa/Berlin – Die Diakonie erinnert bei der Gedenkveranstaltung zum Auftakt des Jubiläumsjahres im hessischen Diakoniezentrum Hephata an die dunklen Seiten ihrer Geschichte. Bei der Veranstaltung in Treysa standen am Freitag die NS-Morde an Menschen mit Behinderungen im Zentrum des Erinnerns. Zwischen Juli 1937 und Januar 1939 wurden 388 Menschen mit Behinderungen aus Hephata in andere Einrichtungen und Lager deportiert. Seit 1990 erinnert ein Mahnmal in Treysa direkt neben der Kirche an die Verbrechen von damals. Diakonie-Präsident Ulrich Lilie ging dazu in seiner Ansprache auf die „Endstation Hadamar“ ein. In der dortigen „Landesheilanstalt“ ließen die Nazis in den 1940er Jahren mehr als zehntausend hilfebedürftige Menschen ermorden – auch viele der 388 Bewohnenden Hephatas, die bereits in den Jahren 1937 bis 1939 aus Treysa deportiert worden waren.

„Denn wo Schuld ist, muss Schuld bekannt werden. Vergessen ist keine Option. Die Schattenseiten von Innerer Mission und Diakonie, derer wir in diesem Jahr des 175. Jubiläums gedenken, werden hier zu Nachtseiten“, sagte Lilie. Umso mehr gelte es auch heute immer wieder daran zu erinnern, dass jeder Mensch, ob beeinträchtigt oder nicht, ein geliebtes Kind Gottes sei und eine unverlierbare Würde habe. Der Diakonie-Präsident betonte: „Jeder Mensch ist verschieden und es ist eine Errungenschaft, dass in unserem Kulturkreis jeder angstfrei verschieden sein darf. Dies erarbeitet und aufgearbeitet zu haben, ist ein großes Verdienst der Hephata Diakonie. Das ist nicht selbstverständlich und so ist es kein Zufall, dass wir unser Gedenken im Jubiläumsjahr an diesem Ort in der Schwalm in der Passionszeit beginnen.“ Daran zu erinnern sei wichtig, aus den Versäumnissen der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen auch, so Lilie.

Gelebte Erinnerungskultur in der Hephata Diakonie

Der Gang zum Mahnmal neben der Kirche ist für die Hephata Diakonie wesentlicher Bestandteil der gelebten Erinnerungskultur. Immer am Buß- und Bettag findet dort eine Gedenkveranstaltung statt, das ganze Jahr über ist das Mahnmal der Ort, an dem Besucher:innen auf die „Euthanasie“-Verbrechen in der NS-Zeit hingewiesen werden. Gerade weil Hephata diese Zeit aktiv in den Blick rückt, hatte sich die Diakonie Deutschland dafür entschieden, in Treysa an die dunklen Seiten der Geschichte von Innerer Mission und Diakonie zu erinnern.

Hephata-Vorstandssprecher Maik Dietrich-Gibhardt gestand ein, dass der Umgang mit der Geschichte von Diakonie in der NS-Zeit lange Zeit durch Schönfärbereien, Verdrängungen oder Halbwahrheiten geprägt worden sei. In ihrer 1985 veröffentlichten Dokumentation „Verlegt, vernichtet, vergessen?“ seien Peter Göbel-Braun und Helmut Thormann darauf eingegangen, Volker Herrmann und Heinz Schmidt hatten 2009 im Zusammenhang der Themen Eugenik, Zwangssterilisation und „Euthanasie“ von der „Bereitschaft zur Mittäterschaft“ auch in der Inneren Mission, der früheren Diakonie, gesprochen. Die Rede von „Schwachsinnigen“ oder „Minderwertigen“ habe schon in der Zeit der Weimarer Republik keinen Anstoß erregt. „Es fällt schwer, sich dieser unangenehmen Wahrheit zu stellen. Aber es ist vor dem Hintergrund unseres diakonischen Auftrags und unseres Selbstanspruches unausweichlich“, so Dietrich-Gibhardt.

Von 388 Personen sei heute bekannt, dass sie zwischen 1937 und 1939 von Hephata aus auf Anweisung des NS-Landeshauptmanns in staatliche Anstalten deportiert worden sind. Viele von ihnen wurden dort ermordet. „Frauen, Männer und Kinder, denen Hephata vor 80 Jahren keine sichere Heimat bieten konnte“, so Dietrich-Gibhardt. Ähnliches gelte für andere diakonische Einrichtungen der damaligen Zeit.

"Wenn man dem nicht von Anfang an widerspricht ..."

Bevor Beschäftigte der Hephata-Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Studierende der Hephata-Akadamie mit dem Verlesen der Daten, an denen die Deportationen stattfanden, die Erinnerungsliturgie gestalteten und Diakonie-Präsident Lilie Blumen am Mahnmal niederlegte, formulierte Hephata-Vorstand Dietrich-Gibhardt einen Appell: „Da wir wissen, wohin es führen kann, wenn einer bestimmten Gruppe von Menschen die Zugehörigkeit, der Wert, das Lebensrecht abgesprochen wird, und wenn man dem nicht von Anfang an widerspricht, ist es Teil unserer Verantwortung, dass das nie wieder passiert. Es ist notwendig, dass wir uns dessen auch anlässlich des Jubiläums 175 Jahre Diakonie in Deutschland vergewissern.“

Diakonie Deutschland lädt zu Beteiligung ein

Die Diakonie lädt Träger und Einrichtungen im Rahmen des Jubiläums dazu ein, sich auf ihre Weise an dem Gedenken beteiligen, zum Beispiel durch Andachten, Gottesdienste oder Zeitzeugengespräche. In vielen diakonischen Einrichtungen gibt es bereits eigene Traditionen des Gedenkens, etablierte Orte und feste Daten, an denen im Laufe des Jahres an die Geschehen erinnert wird.

Die Schattenseiten in der Geschichte der Diakonie rückt eine weitere Veranstaltung im Rahmen der Kampagne in den Mittelpunkt: Am 20./21. April 2023 findet eine wissenschaftliche Fachtagung mit dem Titel "Ordnung und Freiheit. Ambivalenzen in der Geschichte der Diakonie" in Bielefeld-Bethel statt.

Weitere Informationen:

https://ausliebe.diakonie.de/termine/gedenken-an-die-dunklen-seiten-unserer-geschichte/

Blog Ulrich Lilie: https://praesident.diakonie.de/2023/03/02/175-jahre-ambivalenz/


Für Rückfragen und weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Kathrin Klinkusch, Pressestelle Diakonie Deutschland, Telefon: 030 65211-1780, pressestelle@diakonie.de

Johannes Fuhr, Öffentlichkeitsarbeit Hephata Hessisches Diakoniezentrum e.V., Telefon: 06691-18-1102, johannes.fuhr@hephata.de

Doppelsendungen bitten wir zu entschuldigen.

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Hephata engagiert sich als diakonisches Unternehmen seit 1901 in der Rechtsform eines gemeinnützigen Vereins für Menschen, die Unterstützung brauchen, gleich welchen Alters, Glaubens oder welcher Nationalität. Wir sind Mitglied im Diakonischen Werk. Hinter unserem Unternehmensnamen steht ein biblisches Hoffnungsbild: während Jesus einen Mann heilt, der taub und stumm ist, spricht er das Wort „Hephata“. (Markus 7, 32-37)

In evangelischer Tradition arbeiten wir in der Jugendhilfe und der Behindertenhilfe, in der Rehabilitation Suchtkranker, in Psychiatrie und Neurologie, in der Heilpädagogik, der Wohnungslosenhilfe, in Förderschulen und der beruflichen Bildung. In unserer Tochtergesellschaft Hephata soziale Dienste und Einrichtungen gGmbH (hsde) bieten wir zudem an mehreren Standorten ambulante und stationäre Hilfen für Seniorinnen und Senioren an.

Wir bilden Mitarbeitende für verschiedene Berufe der sozialen und pflegerischen Arbeit, auch in Kooperation mit der Evangelischen Fachhochschule Darmstadt, aus. Wir legen Wert auf eine theologisch-diakonische Qualifikation.

Hephata Diakonie beschäftigt aktuell mehr als 3.000 Mitarbeitende. Sie arbeiten in unterschiedlichen Berufsfeldern, sind gut qualifiziert und entwickeln die Leistungsangebote zukunftsorientiert weiter. Diakone und Diakoninnen und Interessierte organisieren sich in der Diakonischen Gemeinschaft Hephata.

Hephata Diakonie ist in Hessen und angrenzenden Bundesländern tätig. Der Sitz unseres Unternehmens ist seit Beginn in Schwalmstadt-Treysa.

Kontakt

Johannes Fuhr

Johannes Fuhr

Pressekontakt Leiter interne und externe Kommunikation 06691181316
Melanie Schmitt

Melanie Schmitt

Pressekontakt Stellvertretende Leiterin interne und externe Kommunikation 06691181316